Marktbesucher…
Ein kleine „Abhandlung“ darüber,
was man so für Menschen auf einem Mittelaltermarkt sehen und treffen kann…
Denn viele Menschen, die noch nie auf einem Mittelaltermarkt waren, haben eine
manchmal recht seltsame Vorstellung davon, was das da alles so für Verrückte
sind, die da auf so einem Mittelaltermarkt rumrennen und das dann meistens auch
noch verkleidet…
Ganz kurz vorweg…
Als Mittelalter bezeichnet man grob den Zeitraum zwischen dem 6. Und dem 15.
Jahrhundert und die Menschen auf den Mittelaltermärkten stellen meistens irgendeine
Gruppe aus den genannten Zeiträumen dar… ob das nun die Wikinger um 800 sind,
oder die Ritter aus dem 12. Jahrhundert oder die Bauern aus dem 10.
Jahrhundert!
Oft geben die Betreiber der jeweiligen Märkte auch einen Zeitraum vor, den die
Gruppen darstellen sollen!
Der Touri (Abkz. Tourist)
Touris sind zu allererst Marktbesucher
ohne Gewandung.
Sie sind eigentlich die, für die man das alles macht! Der normale Mensch aus
der Jetztzeit, der mal schauen will, wie man so im Mittelalter gelebt hat.
Ob er/sie das macht, um sich selbst besser zu fühlen, oder seinen/ihren Kindern
zu zeigen wie gut sie es doch heutzutage haben… oder… wie wohl die Meisten,
einfach nur um bei schönem Wetter mal an der frischen Luft zu sein, etwas
Metbier zu trinken, die komische Musik und die seltsamen Gestallten zu beobachten
und einfach etwas Spaß zu haben. Bei schlechtem Wetter sieht man selten diese
Art von Touris auf einem Mittelaltermarkt!
Manch einer dieser Touris interessiert sich wirklich und fragt nach, schaut
sich alles ganz genau an und bleibt bei jedem Lager stehen um sich alles ganz
genau einzuprägen.
Fragen wie „Essen Sie das wirklich?“ oder „ist das Feuer echt?“ kommen zwar
nicht mehr so häufig vor wie früher… platzen aber manchmal doch noch heraus.
Die besten Touris sind eigentlich Kinder, denn ihr Lächeln ist echt, ihre
Fragen sind ehrlich und ihre Freude gibt jedem Mitwirkendem eines
Mittelaltermarktes mehr als jedes „Oh das sieht aber toll aus, was ist das? Oh ein
Topf… tolll…“
Die Verkleideten
Als Verkleidete
bezeichnet man die Touris, die zwar „gewandet“ sind…
- …man dieser „Gewandung“ aber ansieht, dass sie für 14,99 bei Amazon bestellt
wurde..
- …man aber deutlich sieht, dass unter dem Kettenhemd ein T-Shirt von Madonna
oder Metallica hängt, ganz zu schweigen von der offensichtlich getragenen Jeans
und den Turnschuhen…
- …die Gewandung aber eher auf ein
LARP/MPS passt, als auf ein Mittelaltermarkt der eigentlich das 12 bis 14.
Jahrhundert darstellen soll…
- …das „Kostüm“, egal wie teuer es war, absolut NICHTS mit dem Mittelalter zu
tun hat und manchmal so offensichtlich aus einer Serie abgeschaut ist (Vikings,
GoT oder Dr.Who, etc. etc.), das man meint der Cast läuft gerade über den Markt…
Kein Mittelaltermarkt
ohne mindestens einen Piraten… in 99% der Fälle ist‘s sogar Jack Sparrow
persönlich!
Manchmal sieht man sogar Robin Hood in grünen Strumpfhosen oder gerne auch mal
einen Römer… die eigentlich mindestens 500 Jahre vor dem Mittelalter schon „ausgestorben“
waren…
Diese Verkleideten,
meinen es gut! Sie wollen dazu gehören und tun das teilweise sogar!
Sie tragen auf jeden Fall zur Atmosphäre eines Mittelaltermarktes bei (manchmal
sogar mehr als einige der „lagernden“ Anwesenden)
Fakt ist, sie alle zahlen
meistens auch weniger Eintritt und dann hat sich son Kostüm ja auch irgendwann
rentiert, oder? ;)
Die Gewandeten (diese unterteilen sich noch einmal in
zwei Untergruppen)
Gruppe A)
Dies sind fast immer Menschen, die wirklich Wert darauf legen, was sie tragen!
Die Kleider sind nicht von der Stange und selbst wenn, fast immer nachträglich
in irgendeiner Art und Weise angepasst und verändert!
Ob das nun zusätzliche Borten sind, die an irgendein Unterkleid genäht wurden,
irgendwelche gestickten Symbole auf dem handgefärbten Kopftuch oder die
handgenähte Leinenhose, die sich langsam auflöst.
Man sieht der Kleidung einfach an, dass sie teuer war oder selbst gemacht
wurde. Selbst dem Schuhwerk sieht man an, dass man es nicht lange tragen kann,
ohne Schmerzen zu bekommen.
Nicht selten sind das Menschen die man auf anderen Mittelaltermärkten dann auf
der anderen Seite der „Abspannseile“ sieht… sprich… sie lagern meistens selber
ganz gerne mal auf einem Mittelaltermarkt und wenn man sie dort dann anspricht,
erfährt man nicht selten die Geschichte einer Farbe und ihrer Verwendung in der
frühhistorischen spätmittelalterlichen Grabbenutzung und warum sich der normale
Bürger das eigentlich gar nicht leisten konnte, sie aber ja gerade einen
normalen Bürger des Jahres 1234 bis 1237 darstellen und NICHT um 1238, da dort
ja bereits Katzenminze dafür benutzt wurde…
Gruppe B)
Keine Panik, auch diese Gruppe legt Wert darauf was sie trägt… sie ist dabei nur
nicht so „hochnäsig“ wie Gruppe A!
Die teilweise selbst gemachte Kleidung darf auch schon mal maschinell genäht
worden sein, wurde in der Waschmaschine gefärbt oder ist wirklich teuer in irgendeinem
Mittelalter/Fantasy – Onlineshop eingekauft worden!
Aber alltägliche Kleidung ala Jeans, Turnschuhe oder anderes aus den „jetzigen“
Modetrends ist eigentlich genau so verpönt wie bei Gruppe A!
Auch diese Menschen findet man oft auf anderen Mittelaltermärkten auf der
anderen Seite eines Abspannseiles und wenn man sich mit ihnen unterhält, geht
man meistens irgendwann mit guter Laune nach Hause, weil man viel Spaß auf dem
Mittelaltermarkt gehabt hat, ohne sich drei Stunden lang belehren lassen zu
müssen, warum welches Schwert nicht zwischen 1158 und 1165 eingesetzt wurde
oder ein bestimmter Hut erst ab 1455 hergestellt werden konnte!
Markt-Verkäufer
Ein Mittelaltermarkt lebt
nun einmal auch von den Waren die dort angeboten werden.
Kaum ein Besucher (Touri) würde auf einen Mittelaltermarkt gehen, wenn dort nur
Lagergruppen wären und man nicht auch den ganzen Krimskrams und Schnickschnack
bewundern und kaufen könnte, den es oft genug auch bei wish und Amazon
wesentlich günstiger gibt.
Ausnahmen sind hier allerdings die Regel, denn gerade wenn es ums „richtige“
Handwerk geht, kann man hier auch manchmal wirkliche handgemachte Raritäten
(Waffen, Kleidung und Schmuck) kaufen, die es sonst nirgendwo gibt!
Aber 90% aller Verkäufer gehören OPTISCH eher der Fraktion „Verkleideter“ an.
Denn eigentlich (in den meisten Fällen) sind sie auch nur Angestellte die das
Pech haben, an den Tagen arbeiten zu müssen, an denen sich alle Anderen
vergnügen und Spaß haben! Dies erkennt man nicht nur an den teilweise echt
billigen „Verkleidungen“ sondern oft auch an den lustlosen Gesichtern, die sie
zu Tage tragen, während sie im Campingstuhl hinter ihrem Verkaufstresen hocken
und auf dem Handy spielen, bis sie dann mal total genervt auf die Kundschaft
reagieren!
Die Lagergruppen
Was wäre ein
Mittelaltermarkt ohne Lagergruppen?
naja… sowas solls tatsächlich geben… ist dann aber eigentlich kein wirklicher
Mittelaltermarkt, sondern nichts anderes als eine Art Mittelaltermesse (oder
Weihnachtsmarkt ohne Weihnachten), auf der Verkäufer in Verkleidung, Ware
anbieten, die nach Mittelalter aussieht!
Atmosphäre = Null
Aber auch die
Lagergruppen unterscheiden sich grob in zwei Unterkategorien:
Kategroie 1)
Die, die einfach nur Spaß haben wollen, ein Wochenende kostenlos campen, in
Kleidung die nach Mittelalter aussieht, dabei aber keinen weiteren Wert darauf
legen, ob die Besucher die halbleeren Plastikflaschen bemerken, die auf dem
Frühstückstisch neben den Handys und Zigarettenschachteln liegen.
Manchmal findet man in dieser Kategorie auch die Gewandeten aus Gruppe A (siehe
weiter oben), was dann besonders komisch wirkt, wenn sie einem gerade seit 2
Stunden erklären, weshalb sie das anhaben, was sie anhaben und warum das
handgefärbt sein muss, während sie in der einen Hand eine geöffnete Flasche
Cola haben, an der sie ab und zu mal nippen, da ihr vieles Gebrabbel langsam
die Kehle ausdörrt, und in der anderen Hand die E-Zigarette vor sich hin dampft…
Diese Gruppen machen den größten Teil der Lagergruppen aus, bestehen manchmal
aus kleineren Familienverbänden, in denen jedes Familienmitglied gezwungen wird
mitzumachen, oder sie bestehen aus riesigen „Vereinen“, die so groß sind, dass
kaum jemand Zeit hat an so einem Mittelaltermarkt teilzunehmen, so das vom
Verein, der eigentlich 60 Mitglieder umfasst, gerade mal 8 Leute es geschafft
haben an dem Wochenende Zeit zu haben… Dafür ist der Verein aber an fast jedem
Wochenende im Sommer auf jedem Mittelaltermarkt im Umkreis von 300km vertreten…
allerdings immer mit anderen Mitgliedern… (Wedererkennungswert = Null)
Kategorie 2)
Die wollen auch nur Spaß haben, denn wenn etwas keinen Spaß macht… macht man`s
normalerweise nicht!
Aber die hier, nehmen das ganze etwas ernster (Manche zu Ernst… die berühmten
Ausnahmen etc. etc.).
Wenn man sich ein Lager dieser Leute anschaut, entdeckt man nirgends etwas dass
auf das aktuelle Zeitalter hindeutet. Keine Cola Flaschen oder Milchtüten auf
den Tischen, keine Plastikbehälter oder Plastikgeschirr, keine Handys,
Armbanduhren oder Zigaretten, geschweigen Dampfer…
Hier wird dann sogar das Essen so gemacht und gekocht, nur mit den Zutaten, die
es zu der Zeit gab, die das Lager darstellen soll!
Bei vielen dieser Lager wird der Zeitraum, der dargestellt wird sogar sehr eng
eingegrenzt und wenn es sich um eine „christliche“ Darstellung handelt, gibt es
nicht selten eine strenge Hierarchie, an die sich die meisten auch halten… also
Ritter, Knappen, Mägde und Bedienstete etc. etc.
Spricht man mit diesen Leuten kann man meisten sehr viel Interessantes und Wissenswertes
aus der Zeit erfahren, die von diesem Menschen dargestellt wird.
Geht man dann nach einer Stunde zum nächsten Lager, ohne das Gefühl zu haben,
gerade eine Lehrstunde absolviert zu haben, handelt es sich dabei um KEINE Mitglieder
der Gewandeten aus Gruppe A (Siehe weiter oben), andernfalls verliert man
wahrscheinlich recht bald die Lust als Marktbesucher Fragen zu stellen.
Mitglieder aus BEIDEN
Kategorien machen manchmal Showkämpfe.
Hierbei werden dann die Waffen und Ausrüstungen zur Schau getragen, die man
auch vor und nach diesen Kämpfen dann ausgestellt in den meisten Lagern sieht und
teilweise auch selber mal in die Hand nehmen darf.
Die Qualität dieser Kämpfe reicht von „is mir schlecht“ bis zu „alter Schwede
haun die sich gerade die Köppe ein“ und wird normalerweise regelmäßig
trainiert. Sollte also keinesfalls mal eben, mit dem frisch gekauften Schwert
vom Marktschmied, nachgestellt werden!
Kleines Nachwort
Wenn man sich also jetzt
die verschiedenen Gruppen und Untergruppen anschaut, über die man so auf einem
Mittelaltermarkt stolpern kann und man irgendwie ja automatisch dann auch zu
einer dieser Gruppen gehört… dann sollte einem klar sein, dass man auf einem
Mittelaltermarkt eine Menge Spaß haben kann, verdammt viel lernen kann und nicht
selten etwas zum Schmunzeln bekommt.
Für Kinder ist es ein Traum, den Rittern mal hautnah beim kämpfen zuzuschauen
und anschließend son echtes Schwert auch mal anzufassen und sich dabei von Mama
oder Papa fotografieren zu lassen. Eine Erinnerung fürs Leben und wer weiß…
vielleicht sieht man diesen kleinen Jungen, oder das kleine Mädchen in 10
Jahren selbst in so einem Lager campen?